1. juristisches Staatsexamen und die Stu­di­en­ab­schluss­för­de­rung

Be­steht eine Ab­schluss­prü­fung aus meh­re­ren Tei­len, zu denen je­weils ge­son­dert zu­ge­las­sen wird, und bil­den die ein­zel­nen Teile un­ge­ach­tet ihrer et­wai­gen prü­fungs­ver­fah­rens­recht­lich ei­gen­stän­di­gen Aus­ge­stal­tung bei einer Ge­samt­be­trach­tung eine zeit­li­che und sach­li­che Ein­heit, sind Aus­zu­bil­den­de zu der Ab­schluss­prü­fung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. grund­sätz­lich zu­ge­las­sen, so­bald sie zu deren ers­ten Teil zu­ge­las­sen sind.

Maß­geb­li­cher An­fangs­zeit­punkt für die nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. an­zu­stel­len­de Pro­gno­se, dass der Aus­zu­bil­den­de die Aus­bil­dung in­ner­halb der Ab­schluss­hil­fe­dau­er ab­schlie­ßen kann, ist der Be­ginn des Zeit­rau­mes, für den die Leis­tung von Hilfe zum Stu­di­en­ab­schluss be­an­tragt wird. Prü­fungs­stel­le im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ist das Prü­fungs­amt, das für das Prü­fungs­ver­fah­ren zu­stän­dig ist, das der Aus­zu­bil­den­de in dem je­wei­li­gen Zeit­punkt be­treibt.

Nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F.1 wird Auszubildenden an Hochschulen, die sich in einem selbständigen Studiengang befinden, als Hilfe zum Studienabschluss für höchstens zwölf Monate Ausbildungsförderung auch nach dem Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1, 3 oder 5 BAföG a.F. geleistet, wenn der Auszubildende spätestens innerhalb von vier Semestern nach diesem Zeitpunkt zur Abschlussprüfung zugelassen worden ist und die Prüfungsstelle bescheinigt, dass er die Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer abschließen kann.

Das Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg ist ein in sich selbständiger Studiengang im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. In ihm werden den Auszubildenden sämtliche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die zur Erlangung des mit dem Bestehen der Abschlussprüfung verbundenen berufsqualifizierenden Abschlusses notwendig sind2.

Mit der Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung wird der Student zur Abschlussprüfung zugelassen.

„Abschlussprüfung“ im Sinne dieser Vorschrift ist die erste Prüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 Halbs. 1 DRiG a.F.3.

Der förderungsrechtliche Begriff der Abschlussprüfung erfasst jede Prüfung, die die konkret durchgeführte Ausbildung zu einem endgültigen Abschluss bringt und im Falle ihres Bestehens den Erwerb der Qualifikation für einen Beruf vermittelt4. Ihr Bestehen muss rechtliche Zugangsvoraussetzung für die Ausübung eines Berufs sein oder, wenn entsprechende Rechtsvorschriften fehlen, den Erwerb der hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten dokumentieren5. Der Wortlaut des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. lässt Raum für ein weites Begriffsverständnis und damit auch für die Berücksichtigung unterschiedlicher landesrechtlicher Prüfungsverfahren6. Demgemäß unterfallen dem Begriff der Abschlussprüfung auch solche Abschlussprüfungen, die sich im Rahmen fließender Prüfungsverfahren über einen längeren Zeitraum hinweg erstrecken7. Gleiches gilt für Abschlussprüfungen, die aus mehreren Teilprüfungen bestehen, selbst wenn diese verfahrensrechtlich eigenständigen Prüfungsordnungen unterliegen und/oder konsekutiv aufeinander aufbauen.

Die aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung bestehende erste Prüfung schließt gemäß § 5 Abs. 1 Halbs. 1 DRiG a.F., § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbJAG a.F.8, das rechtswissenschaftliche Studium ab. Sie hat gemäß § 6 Satz 1 HmbJAG a.F. den Zweck festzustellen, ob der Prüfling das rechtswissenschaftliche Studienziel erreicht hat und damit für den Vorbereitungsdienst fachlich geeignet ist. Ihr Abschluss vermittelt gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 HmbJAG a.F. einen Anspruch auf Aufnahme in den Vorbereitungsdienst.

Im Einklang mit § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ist davon auszugehen, dass der Student mit seiner Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung zur Abschlussprüfung zugelassen wurde.

Besteht eine Abschlussprüfung – wie hier – aus mehreren Teilen, zu denen jeweils gesondert zugelassen wird, und bilden die einzelnen Teile ungeachtet ihrer etwaigen prüfungsverfahrensrechtlich eigenständigen Ausgestaltung bei einer Gesamtbetrachtung eine zeitliche und sachliche Einheit, sind Auszubildende zu der Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. grundsätzlich zugelassen, sobald sie zu deren ersten Teil zugelassen sind9. Für ein entsprechendes Verständnis des Begriffs der Zulassung spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, der ohne Rücksicht auf etwaige Besonderheiten in der Ausgestaltung der Prüfungsverfahren allgemein die Zulassung zur Abschlussprüfung fordert. Eine systematische sowie eine am Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. orientierte Auslegung bestätigen diesen Befund.

Innerhalb des Systems des Bundesausbildungsförderungsgesetzes wird zwischen der Ausbildungsförderung in der Studienphase und der Hilfe in der Studienabschlussphase unterschieden. In Studiengängen, in denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, markiert die Zulassung zu ihr die Grenze zwischen Studien- und Studienabschlussphase. Bei einer aus mehreren Teilen bestehenden Abschlussprüfung treten die Auszubildenden bereits mit der Zulassung zum ersten Teil der Abschlussprüfung in die Studienabschlussphase ein, was den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. eröffnet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – auch das Ergebnis des ersten Prüfungsteils maßgeblich ist für das Gesamtergebnis der Abschlussprüfung.

Das Merkmal der Zulassung zur Abschlussprüfung dient insoweit weniger der Anspruchsbegrenzung als vielmehr der Verwaltungsvereinfachung. Es entbindet die zuständigen Stellen von der Notwendigkeit, das Vorliegen der jeweiligen Leistungsnachweise in eigener Zuständigkeit zu überprüfen. Dies indiziert nicht zuletzt § 15 Abs. 3a Satz 2 BAföG a.F., der die Bewilligung von Hilfe zum Studienabschluss auch in solchen Studiengängen ermöglicht, in denen eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen ist10.

Die den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Zweckbestimmung des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. weist in dieselbe Richtung. Mit der Einführung der vormaligen Studienabschlussförderung durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG)11 verband der Gesetzgeber die Erwartung, dass die finanzielle Unterstützung der Auszubildenden in der Examensphase dazu beitragen werde, einen beträchtlichen Teil der Studierenden in die Lage zu versetzen, das Studium zügiger als bislang abzuschließen, und dadurch die Studiendauer insgesamt zu verkürzen12. Die mit dem Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung (Ausbildungsförderungsreformgesetz – AföRG)13 beschlossene Ersetzung der Studienabschlussförderung durch die Hilfe zum Studienabschluss hat an dieser Zielrichtung nichts geändert. Dieser Zielsetzung würde es widersprechen, wenn Förderung nicht schon ab Zulassung zu dem ersten Teil der Abschlussprüfung gewährt würde. Die Auszubildenden wären für diesen Fall nicht selten gezwungen, ihren Lebensunterhalt durch eine einem zügigen Abschluss ihres Studiums regelmäßig nicht förderliche Erwerbstätigkeit zu sichern.

Gemessen daran vermittelt die Zulassung zu dem ersten Teil der ersten Prüfung die Zulassung zur Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. Ausweislich der den Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO bindenden Auslegung des hamburgischen Juristenausbildungsrechts durch das Oberverwaltungsgericht schließt die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (SchwpbPO 2005)14, die gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (SchwpbPO 2007)15 auf Studierende, die vor Inkrafttreten dieser Prüfungsordnung die Zulassung zum Schwerpunktbereichsexamen beantragt haben, weiterhin Anwendung findet, das Studium der Rechtswissenschaft in den Schwerpunktbereichen ab. Sie dient nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SchwpbPO 2005 der Feststellung, ob der Prüfling das Recht mit Verständnis erfassen und unter Berücksichtigung seiner praktischen Bedeutung einschließlich hierfür erforderlicher Schlüsselqualifikationen in dem gewählten Schwerpunktbereich anwenden kann, insbesondere, ob er über die geforderten vertieften Kenntnisse verfügt. Die Zulassung setzt nach § 8 Abs. 1 SchwpbPO 2005 unter anderem voraus, dass die nach der Studienordnung geforderten Leistungsnachweise des Grundstudiums und des Hauptstudiums vorgelegt werden. Zutreffend geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Umstand, dass im Rahmen der Schwerpunktbereichsprüfung gemäß § 11 Abs. 1 SchwpbPO 2005 nur ein Teil der in der ersten Prüfung nachzuweisenden Fähigkeiten geprüft werde, nicht den Schluss rechtfertige, jene sei der ersten Prüfung gleichsam vorgelagert und nicht bereits selbst Teil der Prüfung, und auch der Umstand, dass gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes16, zur staatlichen Pflichtfachprüfung nur zugelassen werde, wer die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung bestanden habe, förderungsrechtlich keine abweichende Beurteilung gebiete.

Maßgeblicher Anfangszeitpunkt für die von dem Prüfungsamt nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. anzustellende Prognose, dass der Auszubildende die Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer von höchstens zwölf Monaten abschließen kann, ist der Beginn des Zeitraumes, für den die Hilfe zum Studienabschluss beantragt wird, und nicht – wie das Verwaltungsgericht meint – der Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung. Zeitlicher Ausgangspunkt für die Prognose ist der Anfang des Monats, der in dem Antrag nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. als Anfangszeitpunkt der begehrten Abschlussförderung bezeichnet wird.

Der Wortlaut der Bestimmung lässt diese Auslegung zu. Soweit ihm zu entnehmen ist, dass sich die Prognose auf die Abschlusshilfedauer zu beziehen hat, folgt daraus nichts für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Erwartung gehegt werden muss, dass ein Ausbildungsabschluss innerhalb eines Jahres erfolgen kann. Dies gilt gleichermaßen für den Umstand, dass die Merkmale der Zulassung zur Abschlussprüfung und der Bescheinigung der Prüfungsstelle durch die Konjunktion „und“ miteinander verbunden sind.

Das systematische Verhältnis zwischen den Sätzen 1 und 2 des § 15 Abs. 3a BAföG a.F. schließt es aus, für die Prognose auf den Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung abzustellen. Während Satz 1 Sachverhalte regelt, in denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist dies im Anwendungsbereich des Satzes 2 nicht der Fall. Beide Regelungen stimmen hingegen darin überein, dass sie eine Prognose über den Abschluss der Ausbildung innerhalb der Abschlussförderdauer gebieten. Anhaltspunkte dafür, dass für die Erstellung der Prognose auf unterschiedliche Anfangszeitpunkte abzustellen ist, sind nicht ersichtlich. Da in den Fällen des § 15 Abs. 3a Satz 2 BAföG a.F. keine Prüfungszulassung stattfindet, kann der Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung auch für die nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. anzustellende Prognose nicht maßgeblich sein.

Der aus der Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3a BAföG a.F. abzuleitende Zweck der Bestimmung spricht dafür, für die Prognose auf den beantragten Beginn der Abschlussförderung abzustellen. Eine solche Anknüpfung spiegelt die Entwicklung wider, die § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ausgehend von dem Zwölften BAföG-Änderungsgesetz vom 22.05.1990 hin zu dem Ausbildungsförderungsreformgesetz vom 19.03.2001 genommen hat. Die ursprüngliche Studienabschlussförderung bezweckte, Auszubildenden, die bereits „im Examen standen“, durch die Förderung in der Examensphase einen zügigen Studienabschluss zu ermöglichen17. Mit der Umwandlung der Studienabschlussförderung in die Hilfe zum Studienabschluss sollte erstmals auch solchen Auszubildenden, die etwa wegen eines selbst verschuldeten Leistungsrückstands aus der regulären Förderung „herausgefallen“ sind, nach Beseitigung dieses Rückstands die Aussicht auf eine neuerliche Förderung während ihrer Studienabschlussphase vermittelt werden. Durch die Einführung einer Zeitspanne von bis zu vier Semestern zwischen dem Auslaufen der regulären Ausbildungsförderung und der Zulassung zur Abschlussprüfung sollte über die vormalige Studienabschlussförderung hinaus jedem Studierenden, „der dem Grunde nach BAföG-berechtigt ist, auch nach einer Unterbrechung der Förderung von bis zu vier Semestern die Möglichkeit eröffne(t werde)n, sein Studium mit Hilfe des BAföG abzuschließen“18. Den Betreffenden sollte „auch noch nach einer selbst verschuldeten Unterbrechung eine zweite Chance im Förderungsrecht“ vermittelt werden, „mit der ein aus Finanznot sonst drohender Studienabbruch verhindert werden kann“19. Dieser im Grundsatz auf eine Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtigten Personen zielende Ansatz spricht dafür, bei der in Rede stehenden Prognose auf den im Antrag nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. genannten Beginn der erstrebten Abschlussförderung abzustellen. Soweit dadurch den Auszubildenden im Grundsatz eine Dispositionsmöglichkeit über den Zeitpunkt des Beginns der (geförderten) Examensphase eingeräumt wird, steht auch dies im Einklang mit dem Gesetzeszweck, den Kreis derjenigen, die endgültig keine Ausbildungsförderung mehr erhalten, möglichst gering zu halten. Im vorliegenden Zusammenhang bedarf es keiner Klärung, ob diese Dispositionsmöglichkeit durch die Obliegenheit beschränkt wird, die Hilfe zum Studienabschluss spätestens innerhalb von vier Semestern nach dem Ende der gegebenenfalls verlängerten Förderungs(höchst)dauer zu beantragen. Dieser Frage kommt für diejenige nach dem maßgeblichen Anfangszeitpunkt für die Prognose keine Bedeutung zu. Davon abgesehen stellt sie sich im vorliegenden Verfahren deshalb nicht, weil die Klägerin nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) den Antrag innerhalb von acht Monaten nach dem Ende der verlängerten Förderungsdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG a.F. gestellt hat.

Prüfungsstelle im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ist das zuständige Prüfungsamt20. Sind in einem – wie hier – aus mehreren selbständigen Teilen bestehenden Prüfungsverfahren mehrere Prüfungsämter für die Durchführung der einzelnen Teile der Abschlussprüfung verantwortlich, so ist zur Ausstellung der Bescheinigung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. jedenfalls dasjenige Prüfungsamt sachlich zuständig, welches auch für das Prüfungsverfahren zuständig ist, das der Auszubildende in dem jeweiligen Zeitpunkt betreibt. Sieht sich das auf Erteilung der Bescheinigung in Anspruch genommene Prüfungsamt fachlich nicht dazu in der Lage, dem Auszubildenden eine Prognose über die Möglichkeit eines Abschlusses der gesamten Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer zu stellen, hat es die für die übrigen Teile der Ausbildung zuständigen Prüfungsstellen im Rahmen eines verwaltungsinternen Mitwirkungsverfahrens zu beteiligen.

Studienabschlussförderung wird nur für den Besuch einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. geleistet21. Ein solcher Besuch setzt voraus, dass der Auszubildende der Ausbildungsstätte organisationsrechtlich angehört und dort seine Ausbildung tatsächlich betreibt22.

Organisationsrechtlich gehört der Ausbildungsstätte an, wer an ihr immatrikuliert ist23.

Eine Ausbildung wird im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. tatsächlich betrieben, wenn der Auszubildende unternimmt, was nach Maßgabe der ausbildungs- und prüfungsrechtlichen Bestimmungen in der jeweiligen Phase der Ausbildung erforderlich ist, um diese voranzubringen24. Dies ist auf der Grundlage objektiver Merkmale25 unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Studiengänge zu ermitteln. Befindet sich ein Auszubildender in der Studienphase, ist grundsätzlich von einem Betreiben der Ausbildung auszugehen, wenn er regelmäßig an den Lehrveranstaltungen beziehungsweise an dem planmäßig vorgesehenen Unterricht teilnimmt26. Davon kann auch nicht mit Blick darauf abgesehen werden, dass Studierende an einer Hochschule generell nicht verpflichtet sind, an den ausbildungsrelevanten Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Auch unter diesem Blickwinkel gilt in der Regel, dass eine förderungsfähige Ausbildung dann nicht mehr fortdauert, wenn Auszubildende überhaupt keine der angebotenen Lehrveranstaltungen besuchen, auch wenn sie sich den dort gebotenen Wissensstoff in anderer Weise anzueignen unternehmen27. In einem solchen Fall kann von einem Betreiben der Ausbildung ausnahmsweise dann ausgegangen werden, wenn Studierende den planmäßig vorgesehenen Lehrveranstaltungen ausbildungsbedingt für einen kurzen Zeitraum fernbleiben und sich währenddessen verstärkt dem häuslichen Studium widmen oder ausschließlich die sachlichen Mittel einer Hochschule in Anspruch nehmen28. Ist der Auszubildende beurlaubt, kommt es jedenfalls in der Regel darauf an, ob der Auszubildende nach den hochschulrechtlichen Bestimmungen die Ausbildung auch während der Zeit der Beurlaubung voranbringen kann29.

Von diesen Maßstäben ist grundsätzlich auch für die Studienabschlussphase auszugehen. Dieser Studienabschnitt kann aber von Eigenheiten geprägt sein, die in besonderer Weise in Rechnung zu stellen sind. So kann der Besuch von Lehrveranstaltungen je nach Ausbildung an Bedeutung verlieren. Als objektives Merkmal, das auf ein Betreiben der Ausbildung schließen lässt, ist – soweit eine solche vorgesehen ist – die rechtzeitige Anmeldung zur Abschlussprüfung und die Teilnahme an dieser anzusehen. Aber auch dann, wenn eine Anmeldung zu einer vorgesehenen Prüfung nicht (rechtzeitig) erfolgt, kann im Einzelfall für den Zeitpunkt, bis zu dem sich der Auszubildende spätestens zur Prüfung hätte melden müssen, um an dieser innerhalb des Prognosezeitraumes von § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. teilnehmen zu können, von einem Betreiben des Studiums ausgegangen werden. Dies ist etwa der Fall, wenn der Auszubildende an universitären oder privaten Veranstaltungen teilnimmt, die gerade auf das Examen vorbereiten sollen. Bundesrechtlich ist nicht zu beanstanden, wenn eine im jeweiligen Hochschulbereich gewachsene Übung berücksichtigt und festgestellt wird, dass in dem betreffenden Studiengang kurz vor der Abschlussprüfung die häusliche Vorbereitung im Vordergrund stehen könne30. Soweit eine solche oder eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann, kann es für die Annahme eines Betreibens des Studiums ausreichen, dass der Auszubildende glaubhaft macht, sich häuslich auf die Prüfung vorbereitet zu haben. Allein der Umstand, dass der Auszubildende nach hochschulrechtlichen Bestimmungen zur Vorbereitung des Examens beurlaubt ist, rechtfertigt nicht die Annahme, die Ausbildung werde während der Beurlaubung vorangetrieben31.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Februar 2013 – 5 C 14.12

  1. i.d.F. der Bekanntmachung vom 06.06.1983, BGBl I S. 645, 1680, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt geändert durch die Gesetze vom 23.12.2007, BGBl I S. 3254, vom 10.12.2008, BGBl I S. 2403, und vom 20.12.2008, BGBl I S. 2846[]
  2. vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1992 – 11 C 23.92, BVerwGE 91, 192, 194 f. = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 34 S. 29 m.w.N.[]
  3. i.d.F. der Bekanntmachung vom 19.04.1972, BGBl I S. 713, geändert durch Gesetze vom 17.06.2008, BGBl I S. 1010, und vom 05.02.2009, BGBl I S. 160[]
  4. BVerwG, Urteil vom 25.11.1992 a.a.O. S.195 und S. 29[]
  5. BVerwG, Urteil vom 20.07.1978 – 5 C 43.77, Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 9 S. 40[]
  6. BVerwG, Urteil vom 25.11.1992 a.a.O. S.196 und S. 30[]
  7. vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1992 a.a.O. S.196 und S. 30[]
  8. Hamburgisches Juristenausbildungsgesetz vom 11.06.2003, GVBl S. 156, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.12.2007, GVBl 2008 S. 26[]
  9. im Ergebnis ebenso OVG NRW, Beschluss vom 12.07.1991 – 16 B 1508/91, FamRZ 1991, 1490, 1491; Roth, Anmerkung zu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.09.1995 – 7 S 1425/94, FamRZ 1996, 373 f.; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.09.1995 – 7 S 1425/94, FamRZ 1996, 191; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.01.2007 – OVG 6 S 38.06; VG Berlin, Beschluss vom 23.11.2006 – VG 18 A 288.06; vgl. ferner Fischer, in: Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., Stand April 2012, § 15 Rn. 32.3[]
  10. BVerwG, Urteil vom 25.11.1992 a.a.O. S.197 und S. 31[]
  11. vom 22.05.1990, BGBl I S. 936[]
  12. BT-Drs. 11/5961 S. 14; vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1999 – 5 C 40.97, BVerwGE 109, 182, 186 f. = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 45 S. 4[]
  13. vom 19.03.2001, BGBl I S. 390[]
  14. vom 01.09.2005, Amtl. Anz. S. 1751[]
  15. vom 07.11.2007, Amtl. Anz. S. 140[]
  16. vom 11.06.2003, GVBl S. 156, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.12.2007, GVBl 2008 S. 26[]
  17. BVerwG, Urteil vom 13.10.1998 – 5 C 36.97, Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 44 S. 25[]
  18. BT-Drs. 14/4731 S. 35[]
  19. BT-Drs. 14/4731 S. 26[]
  20. Fischer, in: Rothe/Blanke a.a.O. § 15 Rn. 33.1[]
  21. vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1998 a.a.O. S. 25[]
  22. stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 18.04.1985 – 5 C 4.82, BVerwGE 71, 199, 201 = Buchholz 436.36 § 9 BAföG Nr. 1 S. 2 f.[]
  23. BVerwG, Urteil vom 28.11.1985 – 5 C 64.82, Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 50 S. 130; BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 4 AS 102/11 R – NJW 2012, 2221 Rn. 16 und 19[]
  24. vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 – 5 C 102.80, BVerwGE 66, 261, 263 = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 13 S. 16[]
  25. vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.1979 – 5 C 15.78, BVerwGE 58, 132, 137 = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 11 S. 30 f.[]
  26. vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 – 5 B 141.86, Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 25 S. 6 f. m.w.N.[]
  27. BVerwG, Urteil vom 21.06.1979 a.a.O. S. 135 und S. 28 f.[]
  28. vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.1978 – 5 C 20.76, BVerwGE 55, 288, 292 = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 4 S. 7; vgl. ferner Urteil vom 18.04.1985 a.a.O. S.201 und S. 2 f. und Nr.20.02.1 Buchst. b Satz 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföGVwV 1991 vom 15.10.1991, GMBl S. 770[]
  29. vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.1979 a.a.O. S. 136 f. und S. 30[]
  30. vgl. zum juristischen Studium: BVerwG, Beschluss vom 17.09.1982 – 5 B 24.82, Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 17 S. 21[]
  31. vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.1979 a.a.O. S. 137 und S. 29[]