Überzahlte Miete – und das Jobcenter

Bei einem Mieter, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (hier: Arbeitslosengeld II, nunmehr: Bürgergeld) als Bedarf für seine Unterkunft bezieht, geht der Anspruch auf Rückerstattung überzahlter Miete auf den Sozialleistungsträger (hier: das Jobcenter) über.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war der klagende Mieter vom 1. September 2018 bis Ende Juni 2020 Mieter einer Wohnung der beklagten Vermieterin in Berlin. Der Mieter, der zuvor in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt hatte, bezog bereits während dieser Zeit Leistungen nach Maßgabe des SGB II. Den – neben einem Mitmieter – auf ihn entfallenden Teil der Miete für den Monat September 2018 entrichtete der Mieter noch selbst; für die Folgemonate übernahm das zuständige Jobcenter die Zahlung der Miete. Der Mieter hat unter anderem geltend gemacht, die Miete sei sittenwidrig überhöht; zudem sei sie von Mitte September 2019 bis in den März 2020 hinein wegen eines Wasserschadens in vollem Umfang gemindert gewesen.

Mit seiner Klage hat der Mieter die Rückerstattung überzahlter Miete für den Zeitraum von September 2018 bis Juni 2020 an sich (und seinen Mitmieter) verlangt. Das Amtsgericht Köpenick hat der Klage im Wesentlichen – nämlich in Höhe von rund 11.000 € – stattgegeben, weil die vereinbarte Grundmiete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als das Doppelte überstiegen und die Vermieterin bei den Vertragsverhandlungen die Unterlegenheit des Mieters ausgenutzt habe1. Zudem sei die Wohnung wegen eines Wasserschadens zeitweise nicht nutzbar und die Miete deshalb in dieser Zeit vollständig gemindert gewesen.

Während des von der Vermieterin angestrengten Berufungsverfahrens hat der Prozessbevollmächtigte des Mieters das Jobcenter wiederholt vergeblich um die Rückübertragung übergegangener Ansprüche auf den Mieter gebeten. Auf die Berufung der Vermieterin hat das Landgericht Berlin das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen2. Nach Auffassung des Landgerichts Berlin stünden dem Mieter die von ihm erhobenen Bereicherungsansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete nicht zu, weil sie gemäß § 33 Abs. 1 SGB II auf den Sozialleistungsträger übergegangen seien.

Die hiergegen gerichtete, vom Landgericht Berlin zugelassene Revision des Mieters hat der Bundesgerichtshof als unbegründet zurückgewiesen, da (etwaige) Ansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Sozialleistungsträger übergegangen seien.

Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll den Grundsatz des Nachrangs der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II sichern. Die Voraussetzungen des Forderungsübergangs waren hier erfüllt. Der Bereicherungsanspruch eines Mieters auf Rückerstattung überzahlter Miete gegen seinen Vermieter unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist ein Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist. Die geltend gemachten Bereicherungsansprüche sind für die Zeit entstanden, in der das Jobcenter dem Mieter Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts gewährt hat. Bei rechtzeitiger Rückerstattung der überzahlten Miete durch die Vermieterin wären diese Sozialleistungen auch nicht erbracht worden; hätte die Vermieterin die überzahlten Summen nämlich rechtzeitig zurückerstattet, so hätte der Mieter sich diese Beträge zur Deckung seines Bedarfs anrechnen lassen müssen.

Dem gesetzlichen Anspruchsübergang steht es nicht entgegen, dass das Jobcenter die Bereicherungsansprüche gegen die Vermieterin weder selbst realisiert noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung auf den Mieter zurückzuübertragen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Dies betrifft ausschließlich den Verwaltungsvollzug, berührt jedoch nicht die Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruchsübergangs auf den Leistungsträger.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Juni 2024 – VIII ZR 150/23

  1. AG Köpenick, Urteil vom 04.06.2022 – 2 C 260/20/22[]
  2. LG Berlin, Urteil vom 19.04.2023 – 64 S 190/21, NZM 2023, 419[]