Berücksichtigung des vollerwerbstätigen Kindes im Familienleistungsausgleich

Für ein über 18 Jahre altes Kind, das, wie T im Streitjahr 2009, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG u.a. dann Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG) und seine zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmten oder geeigneten Einkünfte und Bezüge 7.680 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder 3 um ein Zwölftel (sog. anteiliger Grenzbetrag). Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate, die sog. Kürzungsmonate, entfallen, bleiben außer Ansatz (§ 32 Abs. 4 Satz 7 und 8 EStG).

In Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist ein Kind zu berücksichtigen, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn das Kind noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, sondern auch dann, wenn ihm ein Ausbildungsplatz bereits zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann.

Der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Kind sich aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit heraus um eine weitere Schulausbildung beworben hat. Der Bundesfinanzhof hält an seinem Grundsatzurteil in BFHE 230, 61, BStBl II 2010, 982 fest, wonach die Vollzeiterwerbstätigkeit der Berücksichtigung als Kind i.S. des § 32 Abs. 4 EStG nicht entgegensteht. Die Grundsätze dieses Urteils sind nicht nur anzuwenden, wenn das Kind etwa nach dem Abitur auf einen Studienplatz wartet und die Wartezeit mit einer in Vollzeit ausgeübten Erwerbstätigkeit überbrückt. Sie gelten auch dann, wenn das Kind sich aus einer mehrjährigen Berufstätigkeit heraus um eine weitere Berufsausbildung bemüht, diese Ausbildung aus studienorganisatorischen Gründen aber nicht sogleich antreten kann und bis dahin im Beruf weiterarbeitet. Für eine einschränkende Auslegung des Berücksichtigungstatbestands gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG im letztgenannten Fall ist kein Raum.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Februar 2013 – III R 9/12