Die während der Corona-Pandemie eröffnete Pizzeria
Bei der Eröffnung einer Pizzeria Mitte August 2020 war noch nicht mit einer vollständigen behördlichen Untersagung des Betriebes ab November zu rechnen, sodass aus diesem Grund die Gewährung von Kurzarbeitergeld nicht versagt werden darf.
In dem hier vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall betreibt der klagende Gastronom seit Oktober 2020 ein italienisches Restaurant. Ab dem 02.11.2020 durften Restaurants im sog. „Lockdown light“ nicht mehr öffnen. Er vereinbarte daher mit seinen Angestellten Kurzarbeit. Die beklagte Bundesagentur für Arbeit lehnte die Anerkennung eines Arbeitsausfalls als Voraussetzung der Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) ab.
Hiergegen wehrte sich der Gastronom erfolgreich vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Auf die Berufung der Bundesagentur für Arbeit hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen diese verurteilt, das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls sowie der übrigen betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld für den Zeitraum von November 2020 bis März 2021 festzustellen, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen:
Da lediglich der Anerkennungsbescheid auf der 1. Stufe des Bewilligungsverfahrens angefochten sei, Konnte nach Ansicht des Landessozialgerichts die vom Sozialgericht Düsseldorf vorgenommene Verurteilung zur Leistung nicht erfolgen. Das Sozialgericht habe aber zurecht angenommen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall vorliege, der nicht vermeidbar gewesen sei (§§ 95, 96 SGB III).
Der Gastronom habe auch in der Zeit einer weltweiten Pandemie nicht von vornherein von einer Betriebsgründung absehen müssen. Er habe ihn rechtlich bindende Handlungen zur Restauranteröffnung ab August 2020 vorgenommen, z.B. Arbeitsverträge abgeschlossen und Sanitär- und Heizungsarbeiten ausführen lassen. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht mit einer vollständigen behördlichen Untersagung des Restaurantbetriebes ab November 2020 rechnen müssen.
Ihm allenfalls vage ersichtliche Risiken für eine Betriebseröffnung vorzuhalten, verkenne zudem, dass die Menschheit und auch die administrativen und politischen Entscheidungsträger 2020 keine Vorerfahrungen mit dem Verlauf einer weltweiten Pandemie besessen hätten. Weder ließen Presseverlautbarungen des späteren Gesundheitsministers Karl Lauterbach im August 2020, noch die von der Bundeskanzlerin mit den Spitzen der Länderregierungen am 29.09.2020 abgestimmte Hotspot-Strategie darauf schließen, dass Restaurants geschlossen werden würden. Selbst das RKI habe noch am 23.10.2020 keine solche Empfehlung ausgesprochen.
Landessozialgericht Nordrhein -Westfalen, Urteil vom 30. Oktober 2023 – L 20 AL 174/22