Opferentschädigungsansprüche für Sportler-Doping in der DDR

Die Verabreichung von Dopingsubstanzen an eine minderjährige Hochleistungssportlerin in der ehemaligen DDR stellt einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes dar.

Das Sozialgericht Magdeburg hatte über den Fall einer 1963 geborenen Sportlerin zu entscheiden, die zwischen ihrem 13. und 20. Lebensjahr in der ehemaligen DDR Hochleistungssportlerin in der Abteilung Rudern war. Sie leidet u.a. an einer hochgradigen Funktionseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule. Mit ihrer Klage machte sie geltend, ihre Gesundheitsstörungen seien darauf zurückzuführen, dass ihr in ihrer aktiven Zeit ohne ihr Wissen Dopingsubstanzen, z. B. in Vitamintabletten, Eiweißgetränken oder Schokolade, verabreicht worden seien. Der beklagte Leistungsträger hatte die begehrte Gewährung von Versorgungsleistungen mit der Begründung abgelehnt, ein kausaler Zusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen der Sportlerin und der Verabreichung von Dopingsubstanzen sei nicht nachgewiesen.

Das Sozialgericht verurteilte den beklagten Leistungsträger, der Sportlerin eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren. Die Sportlerin, die zuvor bereits finanzielle Hilfen nach dem Dopingopfer-Hilfegesetz erhalten hatte, habe nach den Umständen des vorliegenden Falls glaubhaft gemacht, dass ihr Oral-Turinabol verabreicht worden sei. Dies stelle einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes dar, infolge dessen die Sportlerin gesundheitliche Schädigungen erlitten habe. Die Schädigungen an der Wirbelsäule seien als Schädigungsfolgen nach dem Opferentschädigungsgesetz anzuerkennen, soweit diese – wie hier – auf den durch die Einnahme von Oral-Turinabol verursachten bzw. verstärkten Extrembelastungen im Hochleistungssport beruhten. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Wirbelsäulenschäden der Sportlerin ohne die Gabe anaboler Steroide nicht oder nicht in dieser Schwere aufgetreten wären.

Sozialgericht Magdeburg, Urteil vom 10. Juli 2015 – S 14 VE 3/11